An einem Ultramarathon, wie dem Badwater 135 im kalifornischen Death Valley treten die talentiertesten Läufer ihres jeweiligen Landes an. Hoffnung auf Erfolg hat nur, wer neben den physischen auch die psychischen Prozesse konsequent auf den sportlichen Erfolg auszurichten vermag.
„Sport wird zu 70 Prozent im Kopf entschieden, zu 28 Prozent spielt die körperliche Verfassung eine Rolle und nur zu 2 Prozent die Technik. Dennoch arbeiten 99 Prozent aller Amateursportler zu 100 Prozent an diesen 2 Prozent“ Diese Aussage mag etwas überspitzt formuliert sein. Dass aber „der Kopf“ im Wettkampf die entscheidende Rolle spielt, wissen insbesondere die sogenannten „Trainingsweltmeister“ aus schmerzlicher Erfahrung: Ihnen gelingt es nicht, ihre guten Trainingsleistungen im Wettkampf umzusetzen. Was ihnen abgeht ist die mentale Stärke: Die Fähigkeit, sich ungeachtet der Wettkampfbedingungen an seiner oberen Leistungsgrenze zu bewegen. Mit folgenden Techniken lässt sich die mentale Stärke gezielt trainieren:
Visualisieren: Statt eine Bewegung körperlich auszuführen, wird sie in der Vorstellung geübt. Bei diesem Visualisieren der Bewegungsabläufe stehen die kognitiven Prozesse im Mittelpunkt. Wahrnehmungssignale werden verarbeitet und im Gedächtnis gespeichert. Ziel ist es, im entscheidenden Moment den eingeübten „inneren Film“ automatisch ablaufen zu lassen.
Diese „Vorstellungsregulation“ kann beispielsweise einem Läufer helfen, auch grosse Erschöpfung auszuhalten und beim entscheidenden Endspurt noch Kräfte frei zu setzen. Dass dieses „Trainieren im Kopf“ wirklich einen positiven Effekt auf die sportlichen Fertigkeiten hat, können auch Neurobiologen bestätigen: Mit bildgebenden Verfahren fanden sie heraus, dass die blosse Vorstellung einer Bewegung fast dieselben neuronalen Strukturen aktiviert, wie eine praktisch ausgeführte Bewegung.
Aufmerksamkeitskontrolle: Die Fokussierung der Aufmerksamkeit auf die brennenden Oberschenkel nützt dem Läufer wenig bis nichts, wenn er gerade einen schwierigen Bergab-Pfad bewältigen soll. Eine konsequente Aufmerksamkeitskontrolle soll ihm statt dessen helfen, sich voll und ganz auf die entscheidenden Aspekte der Situation zu konzentrieren. Für den Downhill-Läufer können das zum Beispiel die Schrittlänge und die Auge-Fuss-Koordination sein. Die Regulation der Aufmerksamkeit unterstützt so die Konzentration und verhilft zu grösserer Trittsicherheit.
Aktivierungskontrolle: Sich während des Wettkampfs im optimalen Leistungszustand zu befinden, ist eine wesentliche Voraussetzung für Höchstleistungen. Weder zu nervös noch zu lasch wird ein Athlet seine beste Leistung abrufen können. Dementsprechend geht es bei der Aktivierungskontrolle darum, den eigenen optimalen Aktivierungszustand willkürlich zu modulieren. Dafür eignen sich gängige Entspannungsverfahren, wie autogenes Training, progressive Muskelrelaxation oder Entspannungsatmen. Als Aktivierungsübungen kommen Bewegungsaufgaben oder die Aktivierungsatmung zum Einsatz.
Positive Selbstgespräche: „Ich blamiere mich heute bestimmt vor so vielen Zuschauern!“ Negative Gedanken wie dieser können im Sinne einer selbsterfüllenden Prophezeiung verheerende Folgen haben. Generell fokussiert ein Sportler durch sie auf die negativen Aspekte, was zu einer richtigen „Problemtrance“ führen kann. Eine systematische Selbstgesprächskontrolle wird deshalb eingesetzt, um statt dessen leistungsförderliche Gedanken zu festigen. Dabei geht es nicht einfach um „Positives Denken“: Aus „Ich kann das nicht“ wird nicht unbedingt der Umkehrschluss „Ich kann das“. Vielmehr erarbeitet sich ein Athlet Gedanken, die für ihn auf die Situation passen und Ressourcen freisetzen. Zum Beispiel der Gedanke: „Ich versuch’s mal und gebe mein Bestes“. Durch konsequentes Training, in Realität oder visualisiert, festigt der Läufer seine positiven Selbstgespräche.
Das Ziel all dieser Techniken ist es, dass Sportler auch unter Wettkampfbedingungen ihr Potential vollständig umsetzen können. Sie sollen dem Druck standhalten und ihre gewohnt hohen Trainingsleistungen auch dann zeigen, wenn es zählt!
Add Comment