Ist Achtsamkeit im Trend? Ja. Aber ist Achtsamkeit auch nützlich im Sport? Auch ja! Achtsamkeit mag ein modernes Schlagwort sein, aber sie hat einen positiven Einfluss auf deine Leistung. Diese Tipps helfen dir, deine Aufmerksamkeit auf die Gegenwart zu lenken.
Warum Achtsamkeit für Sportler wichtig ist
Achtsamkeit. Ein allgegenwärtiger Begriff in unserer heutigen Zeit, der mehr Zufriedenheit und Freude in vielen Lebensbereichen verspricht. Aber was genau ist Achtsamkeit? Und warum sollte ein Athlet davon profitieren, Achtsamkeitstraining in einen bereits übervollen Trainingskalender einzubeziehen?
Höchstleistung erfordert ein perfektes Zusammenspiel von Körper und Geist. Achtsamkeit kann dieses Zusammenspiel unterstützen. Wenn wir regelmässig üben, hilft uns Achtsamkeit, sportspezifische Herausforderungen zu meistern. Achtsamkeitstraining kann Leistungsangst reduzieren, Emotionen während des Wettbewerbs kanalisieren und dazu beitragen, mit Druck umzugehen.
Ist Achtsamkeit das gleiche wie Meditation?
Meditation stammt vom lateinischen meditatio ab, was soviel wie Besinnung bedeutet. Hartnäckig hält sich das Stereotyp, die Ziele der Meditation seien Leere, Vermeidung oder Gedankenkontrolle. Meditation ist aber mehr als den Geist leer werden zu lassen. Mediation ist eine Art Überbegriff für verschiedene Techniken, die alle ähnliche Auswirkungen haben: der Geist wird beruhigt, die Konzentration und Ausgeglichenheit wird gesteigert.
Meditation baut auf zwei Fertigkeiten auf. Erstens die Beobachtung der Gegenwart und das Bemerken aller internen Vorgänge. Zweitens, die aktive Rückkehr zur ganzheitlichen Beobachtung nach einer Ablenkung. Diese beiden Fertigkeiten ermöglichen eine aktive und flexible Aufmerksamkeit um nützliche Details umfassend wahrzunehmen. Zu meditieren bedeutet, sich auf sich selbst zu konzentrieren (z.B. auf den Atem) und alle Gedanken, die auftauchen anzunehmen, ohne etwas verändern zu wollen. Meditation hat also etwas mit Selbstakzeptanz zu tun, man wird eins mit sich selbst. Meditation fördert eine gewisse „Leichtigkeit des Seins“. Zudem schult sie die Wahrnehmung der eigenen Körpersignale.
Meditation bedeutet, den manchmal chaotischen Fluss seiner Gedanken zu fühlen und zu erleben, und die Aufmerksamkeit seiner Gedanken auf die nützlichen Teile in diesem Fluss zu lenken, während man das grosse Ganze im Auge behält. Anders formuliert: Beim Meditieren liegt der Fokus auf der Schulung der Konzentration – und der Fertigkeit, Gedanken und Empfindungen ziehen zu lassen mit dem Ziel, einen ruhigen Geist zu trainieren. Meditation ist das bewusste Üben. Achtsamkeit ist die Frucht oder Folge dieser Übung, die sich in unserem Alltag fortsetzt. Achtsamkeit ist so einfach wie es sich anhört: In diesem gegenwärtigen Moment ohne Urteilsvermögen präsent zu sein. Nicht abwesend in Gedanken oder überwältigt von Gefühlen. Diese Fertigkeit schärft wiederum unseren Fokus, versetzt uns in tiefe Konzentrationszustände, verbessert unser Wahrnehmung und ermöglicht es uns, tiefere Verbindungen zu uns selbst und anderen herzustellen.
Achtsamkeit trainieren, aber wie?
- Fange klein an. Nimm eine erwartungsfreie Haltung und eine entspannte Sitzposition ein, schliesse die Augen und atme gleichmässig und bewusst. Richte deine Aufmerksamkeit auf den Atemvorgang. Nimm deinen Atem wahr, ohne ihn zu verändern. Lass aufkommende Gedanken wie Wolken am Himmel vorbeiziehen. Versuche dies in verschiedenen Kontexten.
- Versuche, deine inneren Empfindungen zu beobachten. Nimm die Situation und deine eigene Erregung wahr ohne zu bewerten. Akzeptiere Erregung und Emotionen. Gefühle und Emotionen sind Verbündete und wollen helfen. Erkunde, beobachte und anerkenne sie.
- Werde dir selbst klar darüber, dass das Wichtigste gerade jetzt in diesem Augenblick geschieht. Vergangenheit und Zukunft liegen weit weg.
- Werde dir noch einmal klar, dass das Wichtigste in jedem Wettkampf und jedem Training genau der Bewegungsablauf ist, den man gerade im Moment ausführt.
- Beginne mit dem Training oder dem Wettkampf und lenke währenddessen deine Aufmerksamkeit immer auf das, was Du gerade tust. Deine innere Einstellung sollte sein: „Jeder Moment ist der wichtigste!“ Lass die Bewegung geschehen, ohne sie zu analysieren.
- Eine Variation des Achtsamkeitstrainings ist die Gehmeditation: langsam gehen für 20-30 Minuten und genau wahrnehmen, wie der Fuss aufsetzt, wie sich die Arme beim Gehen bewegen, wie Du dabei atmest.
Wie Du wahrscheinlich bereits erfahren hast, ist es schwierig, sich nach einer Ablenkung oder störenden Gedanken, die für die gerade anstehende Handlung hinderlich sind, wieder auf etwas bestimmtes zu konzentrieren. Hier sind drei einfache Möglichkeiten zur Wiederherstellung der Konzentration:
1. Beobachten und beschreiben
Betrachte das, was dich ablenkt etwas genauer. Was fühlst Du dabei? Welche körperlichen Empfindungen treten auf, wenn Du daran denkst? Wenn es eine Farbe / einen Geschmack / einen Geruch / einen Name hätte, welche(r) wäre es? Hat es eine Textur? Gibt es andere Gedanken, Gefühle, Erfahrungen, die damit einhergehen?
2. Entschärfen
Finde das passendste Wort für die Ablenkung und wiederhole es. Laut. Schnell. Mindestens einmal pro Sekunde für 30 Sekunden. Variiere die Frequenz und Betonung der Silben. Wie fühlt sich jede Silbe an, wenn sie über deinen Kehlkopf geht? Wie fühlen sich die Geräusche an, wenn Du sie hörst? Welche anderen Erfahrungen gehen mit dem Fühlen und Hören des Wortes einher?
Bei beiden Möglichkeiten ist das Endergebnis ein Weg zurück zu einer umfassenden Beobachtung durch ein Erleben der Ablenkung. Kein Kämpfen, kein Kontrollieren, nur eintauchen und Kontakt aufnehmen.
3. Tief durchatmen
Wenn Du nicht atmest, hast Du einen schlechten Tag. Die durchschnittliche Atemfrequenz bei Erwachsenen liegt bei 12 bis 16 Atemzügen pro Minute, aber wir atmen die meisten Atemzüge unbewusst. Es gibt eine Reihe physiologischer Veränderungen, die auftreten, wenn wir bewusst atmen. Unsere Atemfrequenz wird langsamer, die Sauerstoffversorgung unseres Körpers funktioniert besser und unser sympathisches Nervensystem (welches für die Kampf- oder Fluchtreaktion verantwortlich ist) wird gedämpft und unser parasympathisches System angeregt. Dies kann insbesondere für Sportler nützlich sein, da sie sich schneller und besser erholen und vor dem Wettkampf weniger nervös sind. Genug Gründe, um mal wieder tief durchzuatmen!
Nimm eine bequeme Körperhaltung ein und konzentriere dich auf deinen Atem. Spüre, wie sich deine Brust beim Einatmen hebt und beim Ausatmen die Luft ausströmt. Beachte den Rhythmus deines Atems. Ist er langsam oder ist er schnell? Beachte die Tiefe deines Atems. Ist er flach? Ist er tief? In deinem Bauch? Deiner Brust? Fühle die Temperatur und wechsle zwischen Einatmen und Ausatmen. Ist es kühl? Ist es warm? Behalte den Fokus der Aufmerksamkeit so lange bei, wie Du möchtest, idealerweise jedoch mindestens 1 bis 3 Minuten. Deine Gedanken werden irgendwann wandern, aber das ist okay. Das ist es, was Gedanken tun. Wenn die Gedanken wegdriften, konzentriere dich wieder auf das Gefühl deines Atems.
Achtsamkeit als Trainingseinheit
Fügen deinem Trainingsplan an mehreren Tagen pro Woche 5 bis 10 Minuten Achtsamkeitstraining hinzu. Achtsamkeit als Trainingseinheit zu betrachten, wird die Wahrscheinlichkeit des regelmässigen Übens erhöhen und deine Einstellung gegenüber mentalem Training ändern – von einer Option zu einem Kernelement deines Trainings. Der Trick dabei ist, dass Du das Achtsamkeitstraining genauso ernst nimmst, wie das körperliche Training. Kontinuität – das regelmässige, engagierte Üben, führt im Laufe der Zeit zur Verbesserung deiner Leistung. An manchen Tagen wird es sich mühelos anfühlen, an anderen Tagen wird es dir schwerer fallen. Beides ist in Ordnung und gehört zum Prozess. Wiederhole die Übungen einmal täglich zur selben Zeit, z.B. morgens zwischen Bad und Frühstück, in der Mittagspause oder abends nach Feierabend. Gerade im Leistungssport bietet sich die Gehmeditation nach einer anstrengenden Trainingseinheit an. Mit der Zeit werden allfällige Ablenkungen schwächer und deine Fähigkeit im meditativen Zustand zu bleiben wird stärker.
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